Was kann ich verstehen? | Mrs. Links & Mrs. Rechts

    Das Großhirn ist in zwei Hemisphären unterteilt, welche in der Mitte durch das Corpus Callosum verbunden werden, das ist das gigantischste Nervengeflecht im Körper. Wir können uns vorstellen, dass in jeder Gehirnhälfte eine Mitarbeiterin sitzt (Mrs. Links und Mrs. Rechts), wenn beide als Team arbeiten, sind wir brillant. Wenn wir allerdings halbhirnig arbeiten, sind wir blockiert. Vereinfacht gesagt, ist Mrs. Links zum Beispiel für Sprache zuständig und Mrs. Rechts macht sich die Bilder dazu.

     

    BEISPIEL: „Denken Sie 10 Sekunden lang keinesfalls an eine weiße Maus auf einem roten Fahrrad.“

    Mrs. Links bekommt: Weiß, rot, Fahrrad, Maus und fragt Mrs. Rechts „Hast du dazu ein Bild, ein Konzept eine Idee?“

    Mrs. Rechts: „Jawohl“ und liefert das Bild dazu.

     

    Wenn wir davon überzeugt sind, dass wir kein Sprachentalent haben, blockiert uns diese Vorstellung und unser Gehirn operiert gemäß dieser Einbildung. Da unser Verstand immer Recht behalten möchte, bestätigt werden möchte in seinen Annahmen, neigen wir dazu, lieber schlechte Dinge zu bewahrheiten, als dass das wir unsere Grenzen erweitern. Wenn es eine Diskrepanz gibt zwischen den beiden Gehirnhälften, siegt die Vorstellung, das heißt im Zweifelsfall ist das rechte Hirn das stärkere. Da diese Gehirnhälfte aber keine Worte hat, merken wir das nicht. Es dauerte lange, bis die Gehirnforschung diese Tatsache herausfand (lange nannte man die linke Gehirnhälfte die dominante Hälfte).

    Wenn uns ein neuer Inhalt erreicht, wird Mrs. Rechts auf die Frage „Hast du dazu was?“, „Nein“ sagen, sodass wir den neuen Inhalt nicht verstehen. Begreifen heißt also, aus der Vergangenheit zu diesem Begriff, dieser Idee, diesem Konzept schon eine Vorstellung zu haben. Wenn kein Bild existiert, können wir diesen Inhalt auch nicht verstehen. Halbhirniges Vorgehen findet zum Beispiel statt, wenn Texte so abgefasst sind, dass Mrs. Links übermäßig viel digitale Information bekommt und bei Mrs. Rechts passiert nichts. Somit kommt sich die Gehirnbesitzerin dumm vor („das ist alles so schwer“, „solche Sachen liegen mir nicht“ …). Dadurch verfestigen sich die Vorstellungen der eigenen Unzulänglichkeit und jedes Mal, wenn ein neuer Versuch gemacht wird, wird diese Vorstellung gefestigt. Wir denken, dass sei die Realität, die wir erleben, und sie habe mit unseren Vorstellungen gar nichts zu tun, sondern sei Fakt.

    Wenn wir also eine Erwartungshaltung von etwas haben, sehen wir nur noch, was in diese hineinpasst, und gehen davon aus, dass es sich um die Wirklichkeit handelt.

     

     

     

     

    Birkenbihl, Vera Felicitas: Wie funktioniert Dein Kopf?
    Grafik nach Schulz von Thun, Friedemann: Miteinander reden: 1, Störungen und Klärungen, Allgemeine Psychologie der Kommunikation
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    Birkenbihl, Gehirnhälften, Teufelskreis, Was kann ich verstehen?